Remakes, Reboots und Franchise-Erweiterungen; ein wenig fühlt sich das Horrorgenre momentan an wie eine Subkategorie des Marvel Cinematic Universe. Der Großteil all dessen entlockt dem Publikum zumeist nur ein müdes Schulterzucken, doch die Kinokassen klingeln trotzdem – und wie sagt man so schön? Der Erfolg gibt den Filmeschaffenden Recht. Bei einer Ankündigung war die Vorfreude aber einstimmig groß: Genau zehn Jahre nach Fede Alvarez‘ „Evil Dead“ startet mit „Evil Dead Rise“ ein weiterer Emporkömmling der bekannten Reihe. Und auch wenn Regisseur und Drehbuchautor wechseln, irgendwie fühlt sich das alles sehr vertraut an.

von Cliff Lina

Der Ire Lee Cronin hat die Reihe augenscheinlich gut studiert und vertraut in seiner Umsetzung auf Altbewährtes. Wieder einmal ist es ein altes Buch, das Unheil über eine Gruppe von Menschen bringt. Wieder einmal ist es eine begrenzte Örtlichkeit, in dem eben jenes Unheil verkehrt und wieder einmal ist es eine Kettensäge, die dem Publikum ein Lächeln ins Gesicht zaubert. „Evil Dead Rise“ ist eine knietiefe Verbeugung, sowohl vor dem originalen „Tanz der Teufel“ als auch vor der gefeierten und unglaublich blutrünstigen Neuauflage aus dem Jahre 2013. Nostalgie in Reinkultur also, doch funktioniert der Film auch als eigenständiges Werk?

Die Antwort auf diese Frage müssen wir leider mit einem Utensil eurer Wahl in zwei Teile spalten. Einerseits weicht das Setting merklich von dem ab, was wir bereits kennen. Statt einer Hütte im Wald spielt sich die Handlung in einem abgelegenen Wohnkomplex ab, in dem eine vierköpfige Familie sprichwörtlich ums Überleben kämpft. Nach gelungenem Intro verschwendet das Drehbuch wenig Zeit damit seine Figuren ausladend zu etablieren, stattdessen öffnet ein sich ereignendes Erdbeben eine verborgene Kammer, in der sich bereits erwähntes Buch befindet und startet mit dessen Entwendung die Story. Besonders blutig wird es zu diesem Zeitpunkt erst einmal noch nicht, Cronin versucht sich eher daran eine intime und schaurige Atmosphäre aufzubauen, die besonders durch das entmenschlichte Schauspiel von Alyssa Sutherland genährt wird. Mittels gelungener Effekte schleicht, springt und krabbelt die besessene Mutter durch die Gänge und kann durchaus für intensive Momente sorgen.

Bei genauerem Hinsehen lässt sich aber auch schnell die Krux an „Evil Dead Rise“ erkennen: Im Grunde ist der Film keine Neuinterpretation, sondern schlichtweg eine Kopie. So sehr Cronin versucht dies zu kaschieren, so offensichtlich sind die Referenzen und Anleihen. Ja, es ist keine Hütte im Wald, aber es ist abermals ein abgeschnittenes Territorium, abermals das Necronomicon, es sind abermals kryptische Verse und sogar die Vergewaltigung durch die Äste des Baumes wird in abgewandelter Form aufgegriffen. Von Kreativität oder Experimentierfreude keine Spur. Dazu kommt, dass die bitterernste und damals mehr als erdrückende Tonalität einer gewissen Art von schwarzem Humor weicht. Durch semi-amüsante Sprüche bricht der Film immer wieder mit seiner Stimmung und scheint unentschlossen, ob er nun wirklich schocken oder doch nur seicht unterhalten möchte. Immer wenn man denkt, dass die Handlung endlich so richtig in die Vollen startet, gönnt sich das Drehbuch überflüssige Pausen und zerrt so an den Nerven des Publikums.

Dabei hätte alles so schön sein können. Gerade gegen Ende, als dann endlich das Blut aus allen Richtungen auf die Leinwand spritzt, Körper inbrünstig in alle Einzelteile zerlegt werden und die Sprüche den Figuren sprichwörtlich im Halse stecken bleiben, lässt das Werk die Muskeln spielen und erahnen, was möglich gewesen wäre. Bis dahin galt es aber bereits zahlreiche Ungereimtheiten und Misstöne zu schlucken, die der Durchschlagskraft schaden. Cronin steht sich mit seiner Hommage somit selbst im Weg und schafft es zu selten seine Vision durchscheinen zu lassen. Das ist schade, denn die Voraussetzungen für eine weitere Überraschung waren da. So ist „Evil Dead Rise“ lediglich ein kurzes Aufflackern, das bei nüchterner Betrachtung mit seiber beliebig wirkenden Story wohl nur hartgesottenen Fans der Reihe ein uneingeschränktes Grinsen auf die Fratze zaubert.

Fazit

Immer wenn „Evil Dead Rise“ die Handbremse löst und in den 666. Gang schaltet, macht das Splatter Spektakel tatsächlich ungemein Spaß. Leider bietet die heiß erwartete Neuinstallation insgesamt zu wenig von genau dieser Spielfreude, stresst höchstens mit komplett generischer Story samt grabtiefer plotholes und kann lediglich im Finale sämtliche Hemmungen ablegen. Neulinge werden wahrscheinlich den Schock ihres Lebens erleiden, Genrekenner müssen ihre Enttäuschung in den Unmengen Kunstblut ertränken. Der Film wurde bei den Fantasy Filmfest Nights gesehen und startet am 27. April in den Kinos!

Bewertung

Bewertung: 5 von 10.

(52/100)

Bilder: ©Warner Bros.

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